Dieser Beitrag ist von 2021, also von vor 2 Jahren. Für mich ist das Lesen dieses alten Textes ein Test, ob ich ihn heute noch genauso schreiben würde. Ich denke er besteht die Prüfung der Zeit.
Dieser Blogeintrag muss auf Deutsch sein. Genauso wie das Wort „Querdenker“, das nun seine unschuldige Anmutung von kritischem Denken verloren hat und mehr an Flacherdler erinnert als an Kant und Schopenhauer. Wir schätzen alle das Denken, wenn es stattfindet, und wir tolerieren andere Gedanken. Das bedeutet, wir halten sie aus. Schwerer auszuhalten sind die Konsequenzen dieser Gedanken. Und noch schwerer auszuhalten ist, wenn das Querdenken zum Querglauben mutiert, der einfach nur noch behauptet und für Argumente nicht mehr zu erreichen ist. Wir müssen die Welt schon so sehen, wie sie ist, bevor wir anfangen über sie nachzudenken.
Schauen wir einmal hin.
- Das Corona-Virus ist ein neuartiges Virus, gegen das wir fast keine Abwehrkräfte besitzen. Das bedeutet, dass fast jeder, der mit dem Virus in Kontakt kommt, erkrankt. Es ist nicht möglich, sich durch Stärkung der Abwehrkräfte, eine spezielle Ernährung oder eine gesunde Lebensführung vor der Ansteckung zu schützen.
- Das Virus hat eine optimale Strategie zur Verbreitung gefunden. Es ist weder zu tödlich wie das Ebola-Virus, noch verwendet es einen selteneren Übertragungsweg wir das HIV-Virus. Auch der Zeitraum, in dem es keine Symptome zeigt und dennoch ansteckend ist, ist lang genug. Zudem nimmt es bei einem Großteil der Infizierten einen fast unbemerkten Verlauf, wird aber dennoch weitergetragen.
- Das Virus killt insbesondere die Schwachen und Alten. Die Risikofaktoren umfassen Dinge, die nicht zu beeinflussen sind, wie Krebsbehandlungen, Diabetes aller Typen und Alter. Es trifft aber auch Starke und Junge, oft mit überraschender Härte und Langzeitwirkung.
- Die Behandlung der schweren Erkrankungsfälle ist enorm aufwendig. Ein Intensivbett ist eine Bett mit intensivem Personalbedarf. Noch mehr gilt das für künstliche Beatmung. Wer darüber mehr erfahren will, sollte im Netz oder im TV nicht weit suchen müssen.
- Eine Erkrankung hat häufig Spätfolgen. Wir wissen nicht genau, wie häufig. Aber es ist weitaus drastischer als bei einer Grippe. Selbst Windpocken können da nicht mithalten.
- Das Virus mutiert. Je langsamer es bekämpft wird, umso mehr wird es mutieren. Es werden Virusvarianten kommen, die sich besser durchsetzen können, also noch infektiöser sind. Auch die Impfungen werden vom Virus umgangen werden. Je langsamer und lascher gehandelt wird, desto schlimmer wird die Situation.
- Viele Menschen fallen auf das Vorsorgeparadoxon herein. Nachdem Maßnahmen gewirkt haben, gibt es immer wieder Besserwisser, die behaupten, dass der ganze Alarmismus unnötig war. War doch nicht so schlimm, oder? Beim Coronavirus wissen wir aber genau, wie es ausgeht, wenn man nichts tut. Das wurde schon ausprobiert, und wir müssen es nicht nochmal probieren.
Was schließen wir daraus? Am besten macht man sich Gedanken, wie man selbst die Krise gemanagt hätte, wenn man diese Verantwortung hätte tragen müssen. Es gibt mehrere unmögliche Szenarien, die alle schon durchgedacht wurden.
- Wir lassen alles einfach laufen. Das bedeutet, wir opfern die Alten und Schwachen, zugunsten des Restes der Bevölkerung. Obwohl das ethisch, politisch und praktisch völlig undenkbar ist, wird eine Variante dieser „Lösung“ immer wieder vorgetragen. Die Sterberate wäre in der Tat „nur“ um maximal 1/3 höher. Aber die große Anzahl der Erkrankten, um die man sich nicht kümmern könnte und die still und alleine leiden müssten, wäre unerträglich. Wer besucht schon einen ansteckenden Todkranken? Auch die Wirtschaft würde zusammenbrechen, ebenso wie jeder Zusammenhalt in der Bevölkerung. Die Amish in den USA scheinen genau so die Krise zu „meistern“. Genaue Details über die Interna sind nicht bekannt. Man stirbt im Schoße der Gemeinschaft. Ich frage mich aber, was die Amish mit Blinddarmentzündungen oder Unfällen bei Kindern machen. Ebenfalls nichts? In Deutschland wäre das strafbar.
- Wir isolieren die Schwachen und Alten vollständig und lassen ansonsten alles laufen. Diese Variante geht davon aus, dass im Rest der Bevölkerung das Virus nach einer gewissen Zeit verschwindet. Sonst müsste man ja die Alten ewig isolieren. Es kann sein, dass das der Fall ist oder auch nicht. Das Schnupfen- oder Influenza-Virus verschwindet ja auch nicht. Es mutiert und kommt jedes Jahr wieder. Außerdem geht diese Strategie von der unethischen Vorstellung aus, dass sich Risikogruppen, auch junge, aus dem Leben zurückziehen, bis alles vorbei ist.
- Wir machen die Grenzen zu. Das haben wir in der Tat gemacht, allerdings nicht vollständig und präventiv, sondern je nach Lage. Es ist in dieser heutigen Welt nicht mehr möglich, sich als Land zu isolieren. Diese Isolation müsste vollständig und klinisch sein, wenn sie wirken soll. Denn das Virus ist zu leicht zu übertragen. Man würde also an den Grenzen Güter umladen und notwendige Geschäftsreisen mit langen Quarantänelagern verbinden. Das alles ist nicht denkbar. Selbst wenn der politische Wille einer faschistoiden Regierung so etwas zustande brächte, wäre es wohl immer schon zu spät. Unsere Welt ist inzwischen viel zu dicht besiedelt und die Verbindungen zu global, um eine Radikalkur durchzustehen.
- Wir isolieren einfach nur die Kranken. Das tun wir schon. Positiv Getestete müssen auch jetzt in Quarantäne. Das geht erst, nachdem die Kranken von ihrer Erkrankung wissen. Davor können sie das Virus weitergeben. Diese Lösung funktioniert daher einfach nicht. Eine zivil gestaltete Quarantäne lässt sich auch nicht so einfach überwachen.
Man kann diese Gedanken beliebig weiterspinnen. Man kommt letztlich immer auf genau die Maßnahmen, die nun getroffen wurden. Einfach, weil es nicht anders geht. Nicht aus diktatorischer Grausamkeit.
- Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln bis hin zum Shutdown sowie Tests. Diese Maßnahmen verzögern natürlich nur die Ausbreitung des Virus. Damit gewinnt man lediglich Zeit. Es entlastet die Kliniken und ihr Personal und ermöglicht einen menschlichen Umgang mit den Schwerkranken. Außerdem kann man durch eine verstärkte Anwendung an Orten, wo es nötig ist, schutzbedürftige Gruppen vor dem Virus bewahren. Die Maßnahmen werfen natürlich Sand in das Getriebe der Wirtschaft. Die ethische Abwägung sollte aber doch eindeutig sein.
- Impfungen. Impfungen schützen den Einzelnen vor schweren Verläufen und extremen Leiden. Sie helfen davor nicht sicher, aber mit einer Wahrscheinlichkeit, die viel, viel höher ist, als die, an Impffolgen leiden zu müssen. Sie sind in diesem Punkt besser als die meisten anderen Arzneien. Noch wichtiger ist aber, mit Impfungen die Anderen schützen. Nach einer Impfung ist die Viruslast bei den allermeisten Menschen sehr viel niedriger, so dass folglich Ansteckungen sehr viel seltener sind. Impfungen sind das Mittel, um Pandemiewellen zu brechen. Ethisch sind sie geboten, weil sich manche Menschen nicht impfen können oder bei ihnen die Impfungen nicht wirken. Werden übrigens Impfverweigerer im Ernstfall auch das Intensivbett verweigern? Verweigern Sie ihren Kindern die Impfung gegen Polio, Masern oder Tetanus?
Ich sehe keine wirkliche Alternative zu den getroffenen Maßnahmen und plädiere im Extremfall für eine Impfpflicht, sollte das Virus weiter an Fahrt gewinnen.
Dieser Beitrag wurde 2021/12/01 veröffentlicht.